Richard Wages, Benno Grützmacher and Stefan M. Grünvogel (2005)
In: Neizel, B., Bopp, M. & Nohr, R.F. (edt.), “See I’m real…” Multidisziplinäre Zugänge zum Computerspiel am Beispiel von “Silent Hill”, Medien Welten, Vol. 4, pp. 41-57, LIT-Verlag
Abstract
Zweifellos besitzt jede ästhetische digitale Produktion eine innere Struktur, welche die Interaktionsmöglichkeiten mit dem erschaffenen System beeinflusst oder gänzlich beherrscht. Formal betrachtet bedeutet Interaktivität, dass ein Benutzer, Spieler oder Interacteur im Dialog mit einem (reagierenden) System steht. Im Unterschied zu ‘geläufigen Erzählsystemen’ wie einem menschlichen Geschichtenerzähler oder einem Theaterensemble besitzen automatisierte, digitale Erzählsysteme wie Computerspiele keinerlei menschliche Intelligenz, welche in jeder Situation den Fortgang einer zu erzählenden Geschichte in vernünftiger Weise führen könnte. Für die Entwickler von Computerspielen mit starker erzählerischer Komponente gilt es zu verhindern, dass der Spieler Fortlauf und Dramaturgie der Geschichte durch die Freiheiten seiner Interaktion zerstört.
In dieser Arbeit diskutieren wir zum ersten die Strukturen, die beim Aufbau einer nichtlinearen Erzählung innerhalb eines interaktiven Systems wie einem Computerspiel verwendet werden können, um die Freiheit des Spielers dahingehend einzuschränken, dass er gezwungenermaßen innerhalb bestimmter Grenzen der Geschichte bleiben wird. Ergänzend dazu besteht drüber hinaus die Möglichkeit einer methodischen Führung des Spielers. Im zweiten Teil dieser Arbeit listen wir deshalb verschiedene Methoden solcher Manipulation mittels so genannter User Guidance auf, die den Spieler tendenziell dazu veranlassen, aus allen möglichen Aktionen eine bestimmte, vom Autor intendierte auszuwählen.